Hürden bei der Einreise; Brexit erschwert Sprachreisen nach England

Nach Brexit und Corona weniger Buchungen
Seit dem Brexit sind die Zahlen nun rückläufig, „allerdings hat auch die Corona-Pandemie, die quasi parallel wütete, ihren Teil dazu beigetragen.“ Die Zahlen des FDSV sind aber deutlich: Lässt man das Pandemiejahr 2021 einmal außen vor, so fiel der Anteil der Sprachreisen nach Großbritannien in 2022 auf 35 Prozent (ein Rückgang von 15 Prozent). 2023 lag der Wert immerhin wieder bei 45 Prozent, so Richter.

Der Klassenreiseanbieter CTS Reisen beobachtet eine ähnliche Entwicklung: „Wir sehen seit dem Brexit einen deutlichen Rückgang bei Fahrten nach Großbritannien“, sagt Geschäftsführer Christoph Knobloch. „Leider kommt hinzu, dass die touristische Infrastruktur sich in Großbritannien nach Covid noch nicht erholt hat. Viele Kapazitäten an Unterkünften oder in Gastfamilien im Jugendbereich fehlen einfach. Das knappe Angebot treibt die Preisspirale weiter nach oben.“

Schüler aus Drittländern brauchen Visum

Finanzielle Hürden erwarten einige Schülerinnen und Schüler vor allem auch in Sachen Anreise – die gleichzeitig zum größten Problem werden könnte. „Besonders Schüler mit Migrationshintergrund stehen vor größeren Herausforderungen, da oft Sprachbarrieren und administrative Hürden bestehen“, sagt Anna Lena Heberlein, Teamleitung Jugendreisen bei Alpetour.

Bei den Sprachreisen für Erwachsene sei das ein kleineres Problem, konkretisiert Richter, da die meisten ohnehin einen Reisepass hätten. „Ganz anders sieht es bei den Schülersprachreisen aus: Nicht alle Jugendlichen besitzen einen Reisepass, da dessen Beantragung mit finanziellem und zeitlichem Aufwand verbunden ist. Hinzu kommt, dass nicht alle in Deutschland lebenden Jugendlichen über einen deutschen oder europäischen Pass verfügen, der für die visafreie Einreise nach Großbritannien erforderlich wäre.“

Das heißt, für diese Schüler müsste ein Visum beantragt werden. „Das Visum liegt preislich bei 115 Pfund (umgerechnet etwa 139 Euro) pro Person und kann erst drei Monate vor Reisebeginn beantragt werden“, sagt Heberlein, „Schulfahrten werden in der Regel mit einem Vorlauf von bis zu anderthalb Jahren gebucht.“
FDSV-Geschäftsführerin Julia Richter

Herausfordernde Beantragung des Visums

Betroffene Teilnehmende müssten zudem persönlich bei einem Visa Application Centre erscheinen – diese befinden sich nur in Düsseldorf, Berlin oder München. Dort fallen weitere Bearbeitungsgebühren von mindestens 76,50 Pfund (92 Euro) an. Familien, die kein Deutsch sprechen, müssten zusätzlich von einer Lehrkraft begleitet werden, die bei der Antragsstellung und als Dolmetscher hilft.

„Viele Schulen möchten oder können aufgrund der Mehrkosten und des erhöhten Zeitaufwands keine Englandfahrten mehr anbieten“, so Heberlein. Denn dazu komme noch, dass in einigen Fällen ein Visumsantrag kurz vor Reiseantritt abgelehnt wird. „Nur können wir kurzfristig meist nicht mehr so kulant agieren, wie wir es gern täten. Für mich persönlich eine ganz schwierige Situation, in die Schüler gebracht werden.“

Ab April wird das Prozedere wegen des ETA-Verfahrens noch einmal um ungefähr 20 Euro teurer. „Wir hoffen, dass unsere neue Regierung sich am bilateralen Abkommen zwischen Frankreich und Großbritannien orientiert und die Einreise für Schülerinnen und Schüler kostengünstiger gestaltet und vereinfacht“, appelliert Knobloch.
London, Großbritannien

Andere Länder attraktiver für Klassenreisen
Die Folge der zahlreichen Hürden ist, dass Schulen zunehmend auf alternative Zielgebiete ausweichen. „In Irland lässt sich daher ein leichter Anstieg der Buchungen verzeichnen“, sagt Richter. Auch Malta war lange eine beliebte Destination für Sprachreisen. Durch das Aus des günstigen Anbieters LAL Sprachreisen habe es hier aber einen deutlichen Einbruch gegeben. „Zudem haben sich die Flugkosten durch die Änderungen bei Air Malta erheblich erhöht. Ein weiterer Grund, weshalb Malta als Sprachreiseziel weniger attraktiv ist als vor der Pandemie und dem Brexit.“

Knobloch hingegen kann keinen deutlichen Anstieg an Reisen nach Irland erkennen. „Was zugenommen hat, ist die Nachfrage nach englischsprachigen Führungen zum Beispiel in Kopenhagen und Amsterdam – für uns ein Zeichen, dass es sich hier um Alternativziele für Großbritannien handelt.“
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fvw, 21.2.25

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